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Samstag, 18. Januar 2014

2014-01-17 Straßennamen, NS-Zeit und künstlerische Leistungen

Leistungen betrachten

Straßennamen. Es ist aus heutiger Sicht logisch, das Wirken von Künstlern wie Maria Kahle und Josefa Berens-Totenohl auf Grund der NS-Zeit äußerst kritisch zu betrachten. Beide waren Mitglied im Ende der zwanziger Jahre gegründeten „völkischen Sauerländischen Künstlerkreis“. Dieser Künstlerkreis stand später ganz offen der NSDAP nahe, so wurde Kahle 1940 sogar Mitglied der NSDAP. Übrigens auch Christine Koch, eine weitere Lyrikerin sauerländischer Mundart, war Mitglied dieser Künstler-Vereinigung. Viele Werke aller drei Künstlerinnen haben eine patriotische bis völkisch-nationalistische Tendenz und befürworten teils direkt Adolf Hitler und das Regime.

Was mir in diesem Zusammenhang jedoch stets zu kurz kommt, ist jedoch die Betrachtung des damaligen Zeitgeistes. Ich möchte dies am Beispiel von Maria Kahle deutlich machen. Sie reiste 1913 aus dem Kaiserreich nach Brasilien und kam, aufgrund des ersten Weltkrieges, erst 1920 nach Deutschland zurück. Sie erkannte ihr vom Krieg gebeuteltes Vaterland nicht mehr wieder.

Der als zutiefst ungerecht empfundene Versailler Friedensvertrag, der rapide Werteverfall und die Amerikanisierung des Stadtlebens ließen völkisch-konservative wie Maria Kahle politisch aktiv werden und machten sie zu leichten Opfern für die braune Massenideologie. Hätte Deutschland damals zu großen Teilen nur aus kämpferischen Helden wie Hans und Sophie Scholl bestanden, hätte es dieses düstere Zeitalter nie gegeben. Auf der anderen Seite muss man die Leistungen dieser Künstler betrachten, die meisten Werke entstanden immerhin vor oder nach den knapp zwölf Jahren des braunen Unrechts-Regimes.

Die Katholische Jugendbewegung beschreibt beispielsweise Maria Kahle als eine der populärsten katholischen Dichterinnen Deutschlands in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Alle drei sind bedeutende Schriftsteller und Lyriker unserer Heimat. Nur auf Grund dieser Leistungen sind nach ihnen Schulen, Straßen, Denkmäler benannt.

Aus heutiger Sicht scheint es sehr einfach, über die Menschen der damaligen Zeit zu urteilen. Erst recht, wenn man sie auf ihr Wirken zur Zeit des Nationalsozialismus reduziert. Aus dem damaligen Zeitgeist heraus sind von den Menschen fatale politische Fehleinschätzungen begangen worden. Man sollte stets Raum dafür geben, diese kritisch zu betrachten, aber den großen Teil des positiven Lebenswerks sollten wir darüber nicht vernichten.

Julian Hageböck,Ostentrop

(Quelle WR vom 17.01.2014)

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