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Dienstag, 11. Februar 2014

2014-02-08 Streit um Bamenohler Straßennamen eskaliert

Streit um Bamenohler Straßennamen eskaliert

Heß spricht von politischer Hygiene in aggressiver Form, Kreisheimatbund rechtfertigt harsche Kritik

Von Peter Plugge

Finnentrop. In der Auseinandersetzung um die nicht erfolgte Umbenennung der nach den dem Nationalsozialismus zumindest nahe stehenden Heimatdichterinnen Josefa Berens und Maria Kahle benannten Straßen in Bamenohl (wir berichteten), gibt es einen interessanten Schriftverkehr zwischen dem Finnentroper Bürgermeister Dietmar Heß sowie der Vorsitzenden des Kreisheimatbundes Olpe, Roswitha Kirsch-Stracke, und Professor Hubertus Halbfas, Autor des in den Heimatstimmen veröffentlichen Artikels „Nazistraßen in Bamenohl“.

In dem Brief von Bürgermeister Heß an Kirsch-Stracke, der der Redaktion im Wortlaut vorliegt, lässt Heß es zunächst offen, „ob Prof. Halbfas mit seiner apodiktischen Bezeichnung von Josefa Berens und Maria als ‘Nazi-Größen’ Recht hat“. Es erscheint ihm aber Zweifelhaft, fast 70 Jahre nach der Beendigung des Naziregimes „in Deutschland rückwirkend politische Hygiene in doch ziemlich aggressiver Form bis hin zur Bezeichnung von Straßen betreiben zu müssen“.

„Allerdings“, führt der Finnentroper Bürgermeister weiter aus, „scheint Herr Prof. Halbfas von demokratischen Prozessen wenig zu halten, insbesondere deren Ergebnisse nicht zu akzeptieren“. Als Vorsitzendem des Rates der Gemeinde Finnentrop mache ihn Halbfas’ Formulierung „wie man in dieser Sache alle politische Vernunft und Verantwortung vermissen lassen kann, hat die Gemeinde Finnentrop gezeigt“ betroffen, so Heß.

„Eine Zumutung gegenüber dem demokratisch gewählten und agierenden Gremium der Gemeinde Finnentrop“ sei allerdings die Formulierung „ ... lässt sich nur als unsägliche Ignoranz und politische Einfalt oder aber als braunes Bekenntnis verstehen“. Trotzdem wolle er „von einer rechtlichen Auseinandersetzung mit Herrn Prof. Halbfas ... angesichts seines fortgeschrittenen Lebensalters absehen“.
 

Halbfas ist bereit zur Klärung


In ihrer gemeinsamen Replik ermuntern Roswitha Kirsch-Stracke und Prof. Hubertus Halbfas den Finnentroper Bürgermeister geradezu zu einer rechtlichen Auseinandersetzung. Davon solle er „keinesfalls Abstand nehmen, am wenigsten angesichts Halbfas’ fortgeschrittenen Lebensalters. Denn der „Professor erfreut sich bester Gesundheit, ist belastbar und bereit, eine weitere Klärung der strittigen Sache zu betreiben, die man zwar verschleppen, aber nicht mehr unter den Teppich kehren kann“.

Zuvor führen sie eine umfangreiche, für jeden einsehbare Literaturliste an, die „eine klare Antwort“ auf die Frage gibt, ob der Begriff „Nazigrößen“ für Berens und Kahle berechtigt ist. Zu Heß’ Frage, ob man derart rückwirkend politische Hygiene betreiben müsse, stellen Kirsch-Stracke und Halbfas fest: „Was 1933 möglich war, darf nie wieder möglich werden, und der einzige Weg, dies zu verhindern, ist eine wache und bleibende Erinnerung“.

Angesichts der Benennung einer Straße in Rönkhausen nach dem 1944 enthaupteten Pater Kilian Kirchhoff „wird die Ehrung von zwei Propagandistinnen des Nazi-Systems durch zwei Straßenbenennungen in Bamenohl umso weniger hinnehmbar“, heißt es in dem Brief weiter.
Dem Vorwurf des Finnentroper Bürgermeisters, Prof. Halbfas halte wenig von demokratischen Prozessen, entgegnen dieser und Frau Kirsch-Stracke: „Das Gegenteil ist der Fall“. Allerdings gehöre zu einer demokratischen Abstimmung „unabdingbar eine hinreichend sachhaltige Information. Wer nicht weiß, über welche Problemlage er abstimmt, kann seine Stimme auch nicht als demokratisch ausgewiesen in Anspruch nehmen“. Die Gemeinde habe immer noch nicht die Frage beantwortet, welches Material den Ratsmitgliedern vor ihrer Entscheidung zur Verfügung gestanden habe.
 

Hinreichende Problemsicht


Selbst wenn eine „hinreichende Problemsicht“ vermittelt worden sei, „ließe sich der Abstimmungsprozess vielleicht als formal korrekt bezeichnen, doch bliebe in hohem Maß das Resultat bedenklich, weil es nach so vielen Jahren politischer Aufklärung immer noch nicht zu einer verantwortlichen und reifen Auseinandersetzung führt. Das rechtfertigt auch die harsche Wertung“.

(Quelle WR vom 08.02.2014)



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